"Das ist ein ganz mieses Geschäft"
08.07.2004 / LOKALAUSGABE / OBERHAUSEN
BEAMTE / Feuerwehrchefs und Interessenvertreter sind sauer über
den Beförderungsstopp. Auch der Innenausschuss des Landtags
konnte bei seinem Besuch keine schnelle Hilfe versprechen.
Der Oberhausener Feuerwehrchef Wolfgang Tingler ist sauer: Fast
die Hälfte seiner insgesamt 237 Männer könnte
er aufgrund ihres Dienstalters oder ihrer Qualifikation befördern
- wenn er denn könnte. "Eventuell darf ich für
2004 sechs benennen. Dann bleiben 147 auf der Strecke. Und ich
muss die sechs aussuchen. Das ist ein ganz mieses Geschäft."
Auch Vertreter anderer Feuerwehren berichteten Mitgliedern des
Landtags-Innenausschusses gestern von Beförderungsstau
und Besoldungsproblemen.
Folge: Die Bereitschaft der Beamten zu freiwilligen Leistungen
geht immer mehr zurück. "Da sollte sich das Land mal
überlegen, ob es sich da nicht ins eigene Fleisch schneidet",
so ein Feuerwehrmann aus Solingen. "Die Kollegen haben
keine Perspektive mehr", sagt der Sprecher der neu geründeten
Interessenvertretung der Feuerwehren in NRW, der Oberhausener
Feuerwehrmann Michael Böcker.
In Oberhausen gaben Feuerwehrleute im Dezember offiziell ihre
Bereitschaftsmelder zurück (die NRZ berichtete). Eine Aktion,
die die Stadt unter Druck und eine Diskussion in Gang setzte,
so der zuständige Dezernent Dirk Buttler. Mittlerweile
seien das Bewertungsmodell überprüft und 50 Stellen
angehoben worden. Nicht dass die Feuerwehrmänner dadurch
mehr Geld bekämen: Das sei "eine Voraussetzung für
mögliche Beförderungen", so Buttler.
Doch die lassen weiter auf sich warten. Denn Städte, die
wie Oberhausen unter Haushaltsaufsicht stehen, dürfen maximal
2,5 Prozent der Stelleninhaber befördern - auf die gesamte
Verwaltung gerechnet. Immerhin sei der "Korridor"
für Beförderungen per Runderlass im Juni erweitert
worden, sagt Wolfgang Düren, als Abteilungsleiter "Gefahrenabwehr"
im Innenministerium zuständig für die Feuerwehr, "aber
nicht für die Besoldung". Es gehe ums Geld der Kommunen,
da könne "das Land unmittelbar nix tun." Dennoch
sei mit dem Erlass die Beförderungssituation "flexibilisiert"
worden, "die Kommunen müssen nun entscheiden, was
sie machen." Können sie aber nicht, konterte Buttler:
"Wir reden hier über die Einschränkung der Handlungsfähigkeit
der Kommunen. Man sollte eine Diskussion anhand der Realität
führen und nicht über Zuständigkeiten."
Einen Hoffnungsschimmer hatte Brigitte Herrmann von den Grünen
doch noch: Über 10 000 Petitionen lägen dem Petitionsausschuss
zum Thema Beförderung vor, nicht nur von Feuerwehrmännern.
Für September ist eine entsprechende Anhörung geplant.
"Im besten Fall wird der Innenminister vom Ausschuss aufgefordert,
den Beschluss zurück zu nehmen", so Herrmann.
MICHAEL NICOLAS
|